Hundebegegnungen mit dem Vizsla

von Sep 25, 2020

Manchmal mag ich andere Hundebesitzer nicht. Und wenn ich sage „nicht mögen“ ist das so, als wenn die britische Königin beim größten Faux-Pas der royalen Geschichte ein müdes „I´m not amused“ hervorbringt. Die Untertreibung des Jahrhunderts also. Ihr könnt Euch vorstellen, von welcher Emotion wir hier eigentlich sprechen. Denn: Ich kann absolut nicht verstehen, dass so manches Herrchen die allgemein geltenden Regeln des Hundebesitzens starrköpfig ignoriert und so tut, als gäbe es sie nicht. Die Etikette. Die stille Übereinkunft. Die richtigen Verhaltensweisen, die dafür sorgen, dass sich Mensch und Hund sicher bewegen können.

Regeln für ein harmonisches Miteinander

Ich für meinen Teil trainiere dafür täglich mit meinem gerade 10 Monate alten Vizsla. Leinenführigkeit. Hundebegegnung. Impulskontrolle. Rückruf. Augenkontakt. Sitz. Platz. Bleib. All das üben wir in den unterschiedlichsten Situationen. Solange diese Verhaltensweisen aber nicht absolut sicher klappen, leine ich meinen Hund an. An Schlepp- oder Rollleine. Und erwarte von anderen Hundebesitzern, dass sie anerkennen, dass ein angeleinter Hund bedeutet „Auch ich führe meinen Vierbeiner an der Leine!“. Kommentarlos. Denn niemand kann wissen, ob der Hund, der einem da entgegenkommt – wie wir – einfach nur trainiert, oder bissig, krank, läufig oder sonst was ist.

»Auf der Hundewiese rufe ich den Vischel also standardmäßig zu mir, wenn wir einen anderen Hund sehen.«

Auf der Hundewiese rufe ich den Vischel also standardmäßig zu mir, wenn wir einen anderen Hund sehen. Und trainieren dann, ruhig am Gegenüber vorbeizulaufen. Ohne Gezerre, Gespringe oder Gebelle. Abgeleint und gespielt wird dann auch nur nach einem sauberen Sitz und Blickkontakt. Zugegeben, das funktioniert nicht immer. Aber Übung macht den Meister! Und die Übung wird leichter, wenn der andere Hundebesitzer seinen Hund ebenfalls ruhig an uns vorbeiführt. So wie es die Etikette eben will.  

Wie es NICHT laufen sollte

Neulich lief das aber so ganz anders. Wir sehen schon von Weitem zwei Männer, die mit ihren drei Hunden unterwegs sind. Am Gang ist zu erkennen: ältere Generation, gemächlicher Gang. Hund wie Mensch übrigens. Später darf ich feststellen, dass sich das Alter auf Seiten der Herrchen auch an einer gewissen Scheuklappenmentalität manifestiert. Aber davon ahne ich zu dem Zeitpunkt noch nichts. Ich rufe den Vischel also ran, fasse die Schleppleine kurz und versuche, mich mit ihm auf eine Seite des Weges zu begeben. Je näher wir kommen, muss ich feststellen, dass die Gegenseite davon so gar nichts umsetzt. Die Hunde bleiben abgeleint, einer von ihnen kommt zielstrebig auf uns zu. Mein Junghund versteht das natürlich als Aufforderung zum Spiel und wird unruhiger und unruhiger. Zieht an der Leine, springt hoch und ich habe Mühe, ihn überhaupt noch unter Kontrolle zu halten.

»Befehle von mir? Werden in dieser Situation nicht mehr befolgt. Das einzige, was da noch hilft, ist zielstrebig weiterzugehen.«

Mittlerweile ist der andere Hund bei uns, schnüffelt wild am Vischel rum, der natürlich ebenfalls nur noch „Action“ und „Spiel“ im Kopf hat. Befehle von mir? Werden in dieser Situation nicht mehr befolgt. Das einzige, was da noch hilft, ist zielstrebig weiterzugehen. Dem Vischel zu signalisieren, dass er mit so einem Verhalten erst recht nicht abgeleint wird. Natürlich ist der Adrenalinpegel auch die nächsten Meter noch so hoch, dass ein sauberes „bei Fuß“ nicht mehr klappt. Mit dem wild ziehenden Hund laufe ich also an den anderen Hundebesitzern vorbei. Für mich hätte das schon gereicht, um tiefe Verachtung für dieses Fehlverhalten zu empfinden. Aber es geht noch weiter! Die beiden Herren bleiben stehen, mustern den aufgeregten Vischel und mich abschätzig und hauen dann ein süffisantes „Der muss aber noch viel lernen“ heraus.

„Ja“, kontere ich selbstbewusst und mit einem Anflug von Zorn. „Und das ist bei einem Hund von 10 Monaten auch nicht verwunderlich.“ Ich halte kurz inne und füge hinzu: „Das mit dem Noch-Lernen-Müssen ist bei Ihnen ja auch nicht anders.“ „Bei uns?“, fragen die verdutzten Herren. „Unsere Hunde hören aufs Wort.“

»Dass ein Hund freiwillig zu seinem Besitzer zurückkehrt, wenn einem ein anderer Vierbeiner entgegenkommt, erwarte ich gar nicht. Ich erwarte aber, dass der Mensch eingreift.«

„Jaja“, denke ich mir. In der Theorie hören die Hunde vielleicht aufs Wort. Oder sogar in der Praxis. Ich hätte mich nur zu gerne von ihrem fehlerfreien Rückruf überzeugt. Denn, dass ein Hund freiwillig zu seinem Besitzer zurückkehrt, wenn einem ein anderer Vierbeiner entgegenkommt, erwarte ich gar nicht. Ich erwarte aber, dass der Mensch eingreift. Die Etikette akzeptiert. Und respektiert. Oder ist das zu viel verlangt?

Ich stapfe weiter. Genervt. Wutschnaubend. Und muss nach einigen Metern innehalten, um den Hund und mein eigenes Gemüt zu beruhigen.

Das positive Gegenbeispiel

Dass es auch ganz anders laufen kann, erlebe ich dann am nächsten Tag. Wieder eine Hundebegegnung. Diesmal ist der andere Hund angeleint. Ich rufe meinen zurück. Dann gehen wir „bei Fuß“. Der Vischel wird unruhig und sobald er nach vorne zieht, bleibe ich stehen und korrigiere seine Position. Ich signalisiere „Mit Deinem Ziehen kommst Du nicht weiter!“

»Wenn Sie möchten, können Sie auch nochmal zurückkommen. Zur Übung. Das ist für meinen Hund auch ein gutes Training, um Sitzen zu bleiben.«

Die andere Hundebesitzerin hat sich auf eine Seite des Weges gestellt und ihren Hund ins „Sitz“ gebracht. Da ich immer wieder stehenbleibe und korrigiere, kommen wir nicht zügig am anderen Hund-Mensch-Gespann vorbei. „Das kann bei uns ein bisschen dauern“, entschuldige ich mich. „Wir üben gerade, ruhig an anderen Hunden vorbeizulaufen.“ „Gar kein Problem“, höre ich. „Wenn Sie möchten, können Sie auch nochmal zurückkommen. Zur Übung. Das ist für meinen Hund auch ein gutes Training, um Sitzen zu bleiben.“

Der Vischel und ich laufen noch zwei Mal vorbei. Mit jedem Mal wird er ruhiger. So ruhig, dass ich anhalten und mich kurz mit der anderen Hundebesitzerin unterhalten kann. Dann ein dickes Lob. Und für mich die Bestätigung, dass es auch anders laufen und die Erfahrung für alle Beteiligten positiv sein kann. Wenn sich alle an die Etikette halten.

Credit Headerfoto: https://unsplash.com/@tamasp

Bis dahin: Stay Vizsladdicted!

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